„Der Clou“ ist die Geschichte zweier Trickbetrüger im Chicago der 70er-Jahre, die sich an einem Mafia-Boss mithilfe eines falschen Wettbüros rächen wollen. Als Henry Gondorff schließlich in seinem Blut niedergeschossen auf dem Boden des Wettbüros liegt, scheint der Clou verloren.
Die Titelmelodie von „Der Clou“ schafft etwas, was wenig Musik im Stande ist zu leisten. Das Klimpern mit der seriösen Bassstimme des Ragtime, das einem für den Moment das Gefühl gibt, als wäre alles, was man tut, Teil eines ausgeklügelten Masterplans, ist der Notenschlüssel zur Selbstsicherheit.
Man versteht auf einmal, wie hilfreich der Glaube an das große Ganze, eine Idee oder an einen Gott sein kann. An etwas zu glauben, das allemal größer ist als man selbst, bringt den Vorteil mit sich, dass man Alltagsprobleme als das wahrnimmt, was sie sind: bloß Alltag.
In einer Zeit, in der der Alltag aber – ohnehin nicht den besten Ruf innehabend – ein einziges Gefühlschaos aus Angst, Wut und Alleinsein geworden ist und breitbeinig daherkommt, so dass man sich selbst ganz klein fühlt, fällt Glauben umso schwerer.
Unsere Jungs haben etwas geschafft, was man nicht mehr für möglich hielt – Henry Gondorff war schon tot, der Clou verloren. Und als die Tür – das Urteil besiegelnd – ins Schloss fällt, steht der Schweinehund auf und lacht. Das größte Comeback aller Zeiten, historisch belegt, mit Kameras festgehalten, machte aus Zuschauern Zeitzeugen. In der Hauptrolle jetzt Bo Svensson.
Mainz bleibt wieder Mainz
Zählt man Jan Siewert als Interimscoach mit, dann hat Mainz 05 vier verschiedene Trainer in einer Saison gebraucht, um die Klasse zu halten. Im Abspann stehen aber auch ein Aufsichtsratsvorsitzender, ein Marketing-Leiter und ein Sportvorstand, Personen aus Zeiten, die mittlerweile genauso weit weg wirken wie Chicagoer Gangster aus den 70ern.
Klar, man könnte über taktische Kniffe, Bo, das Mastermind, sprechen – den Master-Matchplan. Aber dieses tuchelige Wortungetüm, das die Gesamtheit aller minutiös geplanten spielimmanenten Ereignisse zum Erzeugen eines gewünschten Narrativs zusammenfasst, negiert das Gefühl, das durch die Meenzer Gässchen weht. Verschweigt die zurückgekehrte Sicherheit, dass Mainz Mainz bleibt – nicht sexy, aber schöngetrunken. Verschweigt das Gefühl, dass wenn jetzt noch das Marktfrühstück öffnet und die Mainzer Plätze außerhalb der Arena mit Leben flutet, auch die Lebensfreude ihren Platz im Alltag finden wird. So ist es nach dieser Saison der Verein, der den Mainzern etwas zurückgibt, was verloren schien. Was für ein Clou.
Doch jeder Gauner wird einem erzählen, dass die entscheidende Zeit die ist, die auf den Clou folgt. Die Uhren sind zurückgedreht, die Toten auferstanden, Mainz wieder Mainz und das ist für den Moment einfach nur schön. Einfach etwas Ragtime – zerrissener Takt… „Oh, oh, oh, oh, Mainz 05er allez oh, oh, oh. Mainz 05er allez, Mainz 05er allez, Mainzer 05er allez oh, oh, oh.“